Der starke Glaube von Alan Greenspan an die kapitalistische Marktwirtschaft basiert auf seiner Überzeugung, dass der Mensch ein rationales Wesen ist. Der Kerngedanke der kapitalistischen Marktwirtschaft und des freien Wettbewerbs ist in dem Konzept des Homo oeconomicus enthalten.
Der Mensch ist ein rationales Wesen und wenn der Homo oeconomicus rationale Entscheidungen aus eigenen Startpunkten trifft, führt dies zu einer günstigen Entwicklung der Wirtschaft. Theoretisch.
Die Wirtschaftskrisen werden nach Ansicht von Greenspan durch die Tatsache verursacht, dass der Homo oeconomicus zu Irrationalismus neigt, wenn er z.B Angst oder blinde Euphorie fühlt und die Stimme der Vernunft unterdrückt. Diese dunkle Seite des Homo oeconomicus ist nach Ansicht von Greenspan auf die Tatsache zurückzuführen, dass der rationale, ökonomische Mensch animalisches Erbgut (animal spirit) hat.
Die Bedeutung des lateinischen Wortes für ’sapiens‘ ist weise. Der weise Mensch, ein soziales Wesen. Aber ist der Mensch – Homo sapiens oder Homo oeconomicus – wirklich weise?
Der Mensch hat einen freien Willen. Er kann nach seinem eigenen Ermessen entweder sozial oder asozial sein. Wenn die freie Marktwirtschaft ausdrücklich die freie Wahl und den freien Wettbewerb betont, wird deutlich, dass der Homo oeconomicus nicht unbedingt ein göttliches Wesen ist, das nach höheren Zielen strebt, die das Gemeinwohl fördern.
Der Homo oeconomicus kann eher die Führung völlig seinem Ego (animal spirit) übergeben.
Es scheint, als ob Greenspan der Meinung sei, dass die getroffenen Entscheidungen des rational handelnden Homo oeconomicus an sich gut wären. Rationalität ist jedoch ein relativer Begriff.
Rational bezieht sich auf was?
Der Mensch kann aus seinem Blickwinkel für kurzfristige Ziele rational agieren, aber bei langfristigen Zielen im Auge denkt er irrational. Dies wird bildlich in dem Film „The Two Mr. Kissels“ (2008), der die wahre Geschichte zweier Multimillionär-Brüder darstellt.
Durch kurzsichtige Entscheidungen graben die Brüder praktisch ihr eigenes Grab und all ihr Reichtum und glamouröses Leben kann sie am Ende auch nicht retten, obwohl die Brüder in gewissem Sinne rational handeln.
Während der weise Mensch (Homo sapiens) sagt, dass das Wohlbefinden der anderen Menschen der Schlüssel für mein eigenes Wohlbefinden und Glück ist, sagt der Homo oeconomicus, dass mein Wohlstand der Schlüssel für das Wohlbefinden der anderen Menschen ist.
Meine eigenen Handlungen sind mehr oder weniger irrational. Seit dem Beginn meiner Erkrankung verfüge ich über ein Grundeinkommen. Der Staat überweist mir jeden Monat am gleichen Tag eine bestimmte Geldsumme, um meine Grundbedürfnisse damit abzudecken. Diese Summe war nie riesengroß, aber ihr Wert war immer unermesslich.
Der Wert war nicht, dass ich mit diesem Geld mehr oder weniger unnötige Dinge kaufen konnte. Aber der Wert war, dass ich mich konzentrieren konnte, mich selbst zu suchen und langfristige Pläne zu machen, die mir halfen, vorwärts zu kommen.
Ich brauchte nicht meine Energie zu verschwenden, um mir mein tägliches Brot zu suchen oder Bürokraten zu versichern, dass meine Bedürfnisse von Bedeutung für meine Existenz sind. Ich konnte mich auf mein spirituelles Wachstum konzentrieren und meine schöpferischen Kräfte fördern.
Man sagt, wenn jeder Mensch ein Grundeinkommen hätte, würden sie bloß das freie Essen genießen, aber nichts tun würden, um das Gemeinwohl voranzutreiben. Ich glaube jedoch, dass alle Menschen im Grunde soziale Wesen sind, die das Bedürfnis haben, einer Gruppe anzugehören, Erfahrungen als zuverlässiges und respektiertes Wesen zu bekommen und das eigene Potential auszuschöpfen.
Ich glaube, dass die Menschen das beste aus sich selbst machen wollen und das bewirkt, dass sie gemeinsame Interessen vorantreiben.
Ganz ehrlich gesagt, am Anfang meiner Behinderung genoss ich nur mein Dasein und ich war dankbar, dass ich überhaupt nichts machen musste, um wirtschaftliche Unterstützung zu bekommen. Diese Zeit war eine der besten in meinem Leben.
Ich erinnere mich an einen Abend in den 1980er Jahren, als ich auf einer Straße in Helsinki mit Hilfe einer Krücke ging. Ich war auf dem Heimweg von einer Abendschule, wo ich meine Abiturkenntnisse auffrischte. Es war Spätherbst und der Himmel war dunkel. Ich kam auf eine weite Kreuzung und atmete die samtweiche Luft ein. Die Straßenlichter sahen in der Dunkelheit wie Edelsteine aus.
Ich fragte mich, aus tiefstem Gefühl der Dankbarkeit, warum das Leben es so gut mit mir meint.
Die reale Welt holte mich schnell wieder auf den Boden, als ich über mein Schuhband stolperte.
Amüsiert saß ich auf der Mitte der Fahrbahn und sah den vorbeifahrenden Autos nach. Jemand kam mit schnellem Schritt zu mir, zog mich wie eine Stoffpuppe auf den Straßenrand und half mir wieder auf die Beine.
Alles war in Ordnung.
Videos:
Welcome to the Future: Resource Based Economy
Fora.tv: Alan Greenspan (The Map and the Territory)