Letzten Monat konnten wir die Entstehung eines Stars beobachten, als Sara Marié Forsberg am 3.3.2014 ihr Video „What Languages Sound Like To Foreigners“ auf Youtube geladen hat. In zwei Wochen wurde das Video über neun Millionen Mal angeklickt.

Jeder, der schon über Jahre (oder Jahrzehnte) versucht hat, die Aussprache einer Fremdsprache zu verbessern, versteht nach dem Sehen dieses Videos, welche Begabung Sara Marié hat. Ich las dennoch einen ärgerlichen Kommentar, dass Youtube bald nur noch ein einziges Affentheater mit ähnlichen Videos werden würde. Gelobt sei der Schöpfer, wenn das wirklich passiert. So unglaublich auch dieses Talent von Sara Marié erscheinen mag, es schlummert in uns allen. Jeder hat die Freiheit, die Kräfte zu aktivieren, die seinem Talent eine Ausdrucksform geben.

In meinem Text „Wir haben alle unsere Funktion“ schrieb ich, dass obwohl unser Bewusstsein Fremdsprachen nicht versteht, erkennt unser Unterbewusstsein jedoch alles. Wenn wir die Kanäle für unser Unterbewusstsein öffnen, beginnt es in unserer Umgebung Dinge zu suchen, die unser bewusstes Verständnis vertiefen und verbreitern. Unser Unterbewusstsein, unser inneres Sein steht in direkter Verbindung mit dem Bewusstsein des Universums, das unser kollektives Bewusstsein, unser Hauptspeicher ist. Die Essenz unserer Freiheit liegt in unserer störungsfreien Verbindung zum Hauptspeicher, und wie aufrichtig wir uns selbst verwirklichen. Wenn Verbindungen richtig funktionieren, können wir alles was wir wollen, vom Hauptspeicher zu unserem Empfänger, dem Gehirn laden.

Sara Marié kann nicht wirklich diese Sprachen sprechen, dessen Aussprache sie imitiert. Sie kann jedoch mit ihrer emotionalen Intelligenz ihre Begabung auf eine ganz neue Ebene heben, indem sie alle Dimensionen der Sprachen übernimmt und in diesen Sprachen kommuniziert. Ich denke dabei nicht an den Spracherwerb im herkömmlichen Sinn, aber dass das Erlernen und Beherrschen von Sprachen genauso natürlich geschehen kann, wie das Imitieren von Sprachen. Ich glaube, dass dies möglich ist. Über das Funktionieren der emotionalen Intelligenz schreibe ich mehr in meinem nächsten Text.

Wenn man über die Freiheit spricht, denke ich an eine Freundin, die in ihrer Bescheidenheit die Freiheit für mich repräsentiert, die ich selbst auch unendlich genießen würde, wenn ich ganz gesund wäre und mich frei bewegen könnte.

Ich traf diese Freundin, nennen wir sie Taru, als ich in Deutschland Übersetzungwissenschaft studierte. Sie erschien mir anfangs sehr unsicher und schüchtern. Als Taru begann, über sich zu erzählen, bemerkte ich, wie falsch doch der erste Eindruck sein kann.

Taru war seit einem Jahr mit einem Nigerianer verheiratet. Anfangs lebten sie in Finnland, aber da ihr Mann in Deutschland besser zurecht kam, zogen sie nach Deutschland, wo sie sich auch kennen gelernt hatten.

Taru wuchs während ihrer Teenagerzeit mit der nahöstlichen Kultur auf und sie wollte Deutsch und Arabisch für Übersetzer studieren.

Während wir am Rheinufer entlang spazierten, erzählte mir Taru, dass sie ihr Abitur in der Abendschule gemacht hatte, und dass sie tagsüber in einem Kindergarten gearbeitet hatte.

An diese Möglichkeit hatte ich gar nicht gedacht, obwohl die Arbeit seit meinem 13. Lebensjahr für mich wichtiger war, als die eigentlichen Schulbesuche.

Nach dem Abitur nahm sie sich ein Jahr Auszeit und ging nach Israel in ein Kibbutz.

Ich hatte während meiner gesamten Schulzeit mit der Illusion gelebt, dass jemand schon beschlossen hatte, was ich tun sollte.

Leider war Tarus Ehe genauso schnell beendet, wie sie begonnen hatte. Das Ehepaar hatte sich kaum in Deutschland niedergelassen, als der Mann in ihr gemeinsames Heim seine nigerianische Frau brachte.

Taru war niedergeschlagen und am Boden zerstört. Sie schämte sich, dass ihre Verwandten jetzt selbstgefällig bezeugen konnten:

„Wir haben dich doch gewarnt, denn wir wussten, dass es so kommen würde.“

Es ist jedoch keine Schande, Menschen zu vertrauen. Es ist eine Schande, das Vertrauen der Menschen auszunutzen.

Nach Erreichen von Grundkenntnissen der arabischen Sprache absolvierte Taru vertiefende Sprachkurse auf Universitäten in Jordanien und Syrien.

Nach der Scheidung zog sie zurück nach Finnland. Sie begann Informatik zu studieren und machte Arabisch im Nebenfach weiter.

Im Sommer arbeitete sie in den Schweizer Alpen als Kuhhirtin. Während des Studiums lehrte sie anderen Studenten das Programmieren. Sie nahm sich ein Jahr Auszeit und widmete sich dem Arabischstudium in Berlin.

An ihrer Heimatuniversität bekam Taru eine Forschungsstelle als Computerlinguistin. Später bekam sie eine Stelle in einem Projekt, das mit computergestützter Übersetzung zu tun hatte.

Taru begann auch mit einem Doktorat, aber als sie das Gefühl hatte, als ob ihr die Decke auf den Kopf fallen würde, nahm sie eine Arbeitsstelle in einer Gärtnerei in Holland an.

Ich selbst war zu dieser Zeit im Begriff für ein Jahr nach China zu gehen. Sie plante für ein Jahr nach Australien zu gehen und wir vereinbarten, dass wir uns auf ihrem Hinflug nach Australien in China treffen würden.

Wir trafen uns an einem sonnigen Tag in Hangzhou. Sie kam per Zug aus Guangzhou. In der folgenden Woche fuhren wir kreuz und quer durch die Strassen von Hangzhou, Taru per Fahrrad und ich im elektrischen Rollstuhl. Tagsüber besuchte Taru die lokalen Sehenswürdigkeiten, während ich mein eigenes Tagesprogramm hatte.

Als die Woche zu Ende ging, wurde Taru ihre Kamera gestohlen. Der Verlust war für sie ärgerlich, nicht so sehr der wirtschaftliche Verlust, aber Taru hatte sehr viel Zeit für das Fotografieren aufgewendet, um die bestmögliche Komposition zu erreichen. Jetzt als sie ihre Kamera am meisten brauchen würde, war sie verschwunden, wie die Asche im Wind und sie musste von Null anfangen.

Nach dem ersten Schock erklärte Taru, dass sie für die Versicherung diesen Diebstahl der Polizei melden musste. Ich zeigte ihr auf einem Stadtplan, wo die nächste Polizeistation sich befand und sie machte sich ohne Umwege auf, sie zu suchen.

Auf der Polizeistation sprach niemand Englisch, aber genau in dem Augenblick, als sie im Begriff war, die Station zu verlassen, kam ein Polizist, der vor Kurzem aus Australien zurückgekehrt war, und besser Englisch als sie selbst sprach.

Taru kaufte sich nur ein One-Way Ticket nach Australien. Das Rückflugticket wollte sie erst durch diverse Erwerbstätigkeiten im Land finanzieren. Sie nahm verschiedene Arbeiten auf Farmen, in Motels und im Kundendienst einer Webseite an und lernte so Land und Leute kennen. Taru erzählte mir, dass sie sich nach Lust und Laune für diverse Arbeitsstellen beworben hat, und immer eine Zusage bekommen hat. Zwischendurch reiste sie auch nach Neuseeland, um zu wandern.

Nach einem Jahr in Australien machte Taru eine kurze Tour durch Südost-Asien und reiste danach in den Nahen Osten zu ihren ehemaligen Studienorten. Ich bekam von ihr eine Karte aus Jemen.

Nach einer Runde durch den Nahen Osten flog sie über Ägypten nach Paris und von dort in ihre Heimat in Finnland. Sie schloss ihre Reise mit einer 200km langen Wanderung mit ihrer Schwester durch das finnische und norwegische Lappland. Danach fühlte sie sich bestärkt und voll Energie, um neue Herausforderungen anzunehmen.

Siehe auch:

Wir haben alle unsere Funktion

Der neue Mensch: Homo Noeticus

Von der Bildung zur emotionalen Intelligenz

Youtube Video:

Sara-Marié (Smoukahontas): What Languages Sound Like To Foreigners